Kunstguide Erlangen

Kurt Eisner

Nasca One

2022
Kategorien: Street Art

Kurt-Eisner-Platz, 91052Erlangen

Befindet man sich am Kurt-Eisner-Platz, kommt man nicht umhin, den Blick auf ein imposantes Street-Art-Kunstwerk zu richten. Das farbprächtige Wandbild an der Fassade der Parkgarage zeigt das Porträt eines älteren Mannes, der besonnen nach unten schaut. Rechts neben ihm baut sich ein gewaltiger Löwe auf, dessen Pranken auf einer Krone liegen und scheinbar angekettet waren.

Abgebildet ist der Namensgeber des Platzes: der erste bayrische Ministerpräsident Kurt Eisner (1867 – 1919). Geboren in Berlin als Sohn eines jüdischen Textilfabrikanten, studierte er zunächst Philosophie und Germanistik. Später arbeitete er als Journalist und Redakteur, unter anderem für die sozialdemokratische Parteizeitung „Vorwärts“ und die Nürnberger Zeitung „Fränkische Tagespost“. Neben seinen Schreibtätigkeiten engagierte sich Eisner vor allem in der Politik, anfangs in der sozialdemokratischen Partei (SPD). Nach Beginn des ersten Weltkrieges kritisiere er allerdings deren Bewilligung für Kriegskredite im Reichstag und schloss sich 1917 den „unabhängigen Sozialdemokraten“ (USPD) an, die sich gegen den Krieg aussprachen. Er war in Bayern einer der führenden Kräfte der Novemberrevolution und rief am 8. November 1918 die Republik Bayern als „Freistaat“ aus. Damit wurde die Wittelsbacher Monarchie für abgesetzt erklärt. Der Münchner Arbeiter- und Soldatenrat wählte Eisner daraufhin zum ersten bayrischen Ministerpräsidenten. Während seiner Amtszeit führte er unter anderem das Frauenwahlrecht und den Achtstundentag ein. Bei den ersten Landtagswahlen verlor die USPD jedoch deutlich an Stimmen, woraufhin Eisner seinen Rücktritt aus dem Amt ankündigen wollte. Auf dem Weg zum Landtag wurde er am 21. Februar 1919 vom zweiundzwanzigjährigen Grafen Arco de Valley ermordet, welcher der antisemitischen und republikfeindlichen Thule-Gesellschaft angehörte.

Anlässlich des 100-jährigen Gründungsjubiläums des Freistaates Bayern wurde Kurt Eisner 2018 mit der Benennung eines Platzes geehrt. Der Namensgebung sollte eine Umgestaltung des Platzes folgen, weshalb vier Street-Art-Künstler*innen im Rahmen eines Wettbewerbes eingeladen wurden ihre Entwürfe einzureichen. Einzige Vorgabe war der Bezug zum Namensgeber. Der in Berlin lebende Nasca One konnte die Jury schließlich durch seine symbolische Bildsprache und eine lebendige Farbgebung überzeugen, welche den Betrachter*innen direkt ins Auge fällt. Die oftmals surrealistischen Wandbilder des deutsch-peruanischen Künstlers sind in Europa, Südamerika und Asien zu finden. Vom 19. bis 25. September 2022 arbeitete er in Erlangen am Abbild des Politikers. Eisner wird von Nasca One als in sich ruhender Menschen porträtiert, der stolz auf die unten vorbeigehenden Passanten*innen blickt. Feder und Kerze im Hut des Ministerpräsidenten spielen auf seine lyrischen Arbeiten an. Im Vordergrund erhebt sich ein prächtiger Löwe, der sinnbildlich für den Freistaat Bayern steht. Er sprengt die Ketten des Imperialismus, mit denen er gefesselt war und befreit sich von ihm. Nasca One geht hier auf die Gründung der Republik Bayern als Freistaat ein, womit Eisner gleichzeitig die Monarchie beendete. Die Zweige, die dabei aus dem Bild herauszuwachsen scheinen, sind in Verbindung mit den abstrahiert organischen Formen im angrenzenden Tunnel charakteristisch für die Darstellungsweise des Künstlers, der in seinen Ensembles Elemente aus der Natur einfließen lässt. Die Street Art am Erlanger Kurt-Eisner-Platz kann als Teil einer innovativen und zeitgenössischen Gestaltung von Erinnerungskultur gesehen werden.

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